Haftungsquote - Haftungsquote nach Verkehrs­unfall: Zu 100 % schuldig oder nicht?

Haftungsquote nach Verkehrs­unfall: Zu 100 % schuldig oder nicht?

Von: Gabriel Raiolo - Dezember 28, 2020

Auch wenn nach den meisten Verkehrsunfällen die Schuld (zumindest für die Unfallparteien) klar festzustehen scheint, so muss das keineswegs der Fall sein! Sogar bei einem klassischen Auffahrunfall kann man nicht von einem hundertprozentigen Verschulden desjenigen ausgehen, der in das Heck des vorausfahrenden Fahrzeugs kracht.

Übersicht der Inhalte:

  1. Definition Haftungsquote
  2. Rolle des Gutachters
  3. Wissens-Tuning
  4. Haftungsquote bei Parkplatzunfall
  5. FAQ / Häufig gestellte Fragen
  6. Haftungsquote bie 50/50
  7. Verschuldenshaftung und die Betriebsgefahr
  8. Beispiele für Haftungsquoten bei verschiedenen Unfallarten
  9. Urteil des OLG Karlsruhe
  10. Fazit

Definition: Haftungsquote

Ist die Schuld nach einem Unfall nicht eindeutig, wird eine Haftungsquote ermittelt. Diese gibt in prozentualen Anteilen an, in welchem Maß die Unfallparteien Schadensersatz zu leisten haben bzw. wie hoch die Haftung ist (Verschuldensanteile).

Die Haftungsquote bringt Verschuldens­anteile der Parteien zahlenbasiert auf den Punkt

Es gibt im Verkehrsrecht vielfältige Umstände, die für eine Mitschuld sprechen und so die Haftungsquote ins Spiel bringen. Bei einem Parkplatzunfall z. B. kommt die Haftungsquote von 50:50 oft zum Einsatz. Nur völliges Unverschulden führt nach einem Unfall dazu, dass der Verursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherung zu 100 % für den entstandenen Schaden aufkommen muss (vergl. § 249 BGB). Dieser Paragraf des BGB besagt, dass Verursacher umfassend Schadenersatz zu leisten hat. Wie umfassend das sein muss, konkretisiert bei unklarer Schuldfrage die Haftungsquote.

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Unschuldig oder mitschuldig, das ist hier die Frage …

Ist die Schuld nicht eindeutig zu bestimmen, kommt es vor Gericht bei einem Zivilprozess zur Festlegung einer Haftungsquote. Sie besagt, welche Unfallpartei welche Verschuldensanteile zu tragen hat. Zahlreiche Beispiele und Hinweise zu relevanten Tabellen helfen, die Festlegung einer Haftungsquote besser nachvollziehen zu können. Das Straßenverkehrsgesetz gibt für die Haftung aller Parteien den rechtlichen Rahmen vor.

Was hat Sachverständiger mit der Haftungsquote zu tun?

Ein unabhängiger Kfz-Sachverständiger spielt nach einem strittigen Verkehrsunfall häufig eine Schlüsselrolle, wenn es um die Klärung der Schuldfrage geht. Er wird nicht nur den Schaden im erstellten Gutachten exakt und aussagekräftig beziffern: Ein Unfallgutachten kann vor Gericht entscheidende Beweise zur Klärung der Schuldfrage und somit für die Festlegung der Haftungsquote liefern. Als Kläger sollten Sie auf die erfahrene Expertise nicht verzichten!

✅ Wissens-Tuning

zur Haftungsquote für Sie: Rechts vor links auf Parkplätzen?

Kommt es auf Parkplätzen zu einem Unfall, scheint die Lage in diesem Zusammenhang meistens völlig klar. Oft ist das Schild ‚Hier gilt die Straßenverkehrsordnung (StVO)‘ zu lesen. Daraus leiten die meisten Autofahrer ab, dass ein von rechts kommendes Fahrzeug Vorfahrt hätte. Sie sollten aber nicht darauf setzen, dass Ihnen andere Autofahrer diese vermeintliche Vorfahrt auf dem Parkplatz tatsächlich gewähren. Vorfahrtsregeln gelten nur bedingt. Bei einem Unfall werden Sie in der Regel mit einer Quote beteiligt.

Hätten Sie das gewusst: Parkplatzunfall

In der Regel ist es so, dass bei einem solchen Parkplatzunfall oft eine Teilschuld bzw. Haftungsquote von 50:50 ausgesprochen wird. Warum? Weil Fahrspuren auf dem Parkplatz nicht für den fließenden Straßenverkehr dienen, sondern Rangierhilfen darstellen. Insofern ist von einer Mithaftung auszugehen. Eindeutig hingegen sind Parkrempler, d.h. das Touchieren eines stehenden Autos in einer Parklücke.

Häufig gestellte Fragen zur Haftungsquote: Antworten erhalten Sie vom Kfz Gutachter und Sachverständigenbüro Raiolo

Wer trägt die Anwaltskosten bei Teilschuld?

Tragen Sie als Unfallpartei keine Schuld, muss der Versicherer des Unfallgegners 100 % der Kosten für den Anwalt übernehmen. Ist eine Haftungsquote für eine Mitschuld bestimmt worden, so werden Sie zu diesem Prozentsatz an den Anwaltskosten beteiligt. Unter Umständen können Sie diese Kosten mit einer Rechtschutzversicherung abdecken. Das ist vor allem zu prüfen, wenn Sie als Kläger auftreten wollen.

Was bedeutet 50 / 50 Haftungsquote bei einem Unfall?

Diese Haftungsquote bedeutet, dass beide Unfallparteien zu gleichen Teilen schuld sind. Sie können somit gegenüber der gegnerischen Versicherung nur 50 % des Schadens einfordern (ggf. in der Rolle als Kläger vor Gericht).

Wird man bei Teilschuld von der Versicherung hochgestuft?

Ja, davon ist generell auszugehen. Eine Ausnahme könnte vorliegen, wenn Sie für solche Zwecke einen Schutzbrief für Ihre Police abgeschlossen haben. In diesem Fall würde sich ein Unfall pro Jahr nicht auf die Schadenfreiheitsklasse auswirken. Generell ruft ein Mitverschulden die eigene Kaskoversicherung (inkl. Selbstbeteiligung) auf den Plan.

Wie werden Haftungsquoten im Verkehrsrecht festgelegt?

Grundsätzlich bedarf es für eine Haftungsquote immer einer Einzelfallprüfung unter Abwägung aller relevanten Faktoren. Letztlich wird die Haftungsquote vor Gericht von einem Richter festgelegt. Er kann sich an der Hamburger Quotentabelle oder jener von Grüneberg orientieren, um aus Präzedenzfällen einen Rahmen für den konkreten Unfall abzuleiten.

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Haftungsquote an einem Beispiel verdeutlicht: So wirkt sich 50/50 aus (Teilschuld)

Bei einem Parkplatzunfall sind ein VW Golf (Schadenshöhe 2.000 Euro) und ein Mercedes (Schadenshöhe 4.000 Euro) verwickelt. Legt das Gericht bei strittiger Schuldfrage eine Haftungsquote von 50 zu 50 fest, kann der Golffahrer 1.000 Euro von der gegnerischen Versicherung einfordern. Der Mercedesfahrer kann 2.000 Euro Schadenersatz von der gegnerischen Versicherung verlangen. Den Rest muss die eigene Voll- oder Teilkaskoversicherung leisten. Liegt eine solche Kaskoversicherung nicht vor, kann der Geschädigte nach der Kollision auf einem Teil der Kosten sitzen bleiben.

Faktoren für die Bildung der Haftungsquote

Die Verschuldenshaftung und die Betriebsgefahr sind die beiden zentralen Faktoren, wenn es um die Herleitung der Haftungsquote geht. Die Verschuldenshaftung ist dabei das leichter zu verstehende Prinzip. Sie sieht vor, dass der Unfallverursacher Verantwortung zu tragen hat bzw. Schadensersatz leisten muss. Die Umstände sind bei jedem Unfall individuell zu würdigen.

Haftungsquote: Das hat es mit der Betriebsgefahr auf sich

Die rechtliche Grundlage stellt u.a. § 7 des Straßenverkehrsgesetzes dar (StVG). Demnach ist von dieser Grundhaftung erst abzusehen, wenn der Unfall unabwendbar ist. Das bedeutet, dass der Unfall auch durch einen ‚Idealfahrer‘ nicht zu verhindern gewesen wäre. Auch bei so genannter höherer Gewalt greift die Verschuldenshaftung nicht. Ist der Unfallgegner ein Fußgänger oder Fahrradfahrer, so nicht von einem unabwendbaren Ereignis auszugehen.

Was unter höherer Gewalt zu verstehen ist, muss für den betreffenden Fall konkretisiert werden. Oft fällt in diesem Zusammenhang der Begriff Anscheinsbeweis: Hierbei handelt es sich um eine mittelbare Form der Beweisführung aufgrund von Erfahrungssätzen. Im Einzelfall ist zu prüfen, wie ein Idealfahrer die Verkehrssituation hätte meistern können.

Gut zu wissen!
Abgrenzung von der Gefährdungs­haftung

Abzugrenzen ist die Betriebsgefahr von der Gefährdungshaftung im deutschen Recht. Der Begriff Gefährdungshaftung bezieht sich auf Schäden, die ohne das Zutun einer haftpflichtigen Person eintreten. Damit handelt es ich um eine Ausnahme von der ansonsten geltenden verschuldensabhängigen Haftung. Aus § 7 StVG geht hervor, dass Gefährdungshaftung kein Verschulden voraussetzt. Verursacht ein anderer Fahrer eine Kollision, ist er als Halter des Fahrzeugs für die Haftung heranzuziehen.

Beispiele für Haftungs­quoten bei verschiedenen Unfallarten

Wenn Sie sich selber ein genaueres Bild von möglichen Haftungsquoten verschaffen wollen, können sich die Tabelle von Grüneberg oder die Hamburger bzw. Münchener Quotentabellen prüfen. Falls Sie unmittelbar in einen Unfall verwickelt sind, lassen Sie sich gerne von Kfz Gutachter Raiolo beraten. Im Folgenden finden Sie 4 häufige Unfallkonstellationen zur Konkretisierung:

Auffahrunfall: Das sollten Sie über eine mögliche Haftungsquote wissen

Wenn Sie einen Blick auf die genannten Tabellen für die Haftungsquote werfen, sehen Sie schnell, dass der Auffahrende nicht automatisch zu 100 % schuldig ist. Bei starkem Abbremsen wegen eines Kleintiers kam laut Oberlandesgericht München eine Haftungsquote von 75 zu 25 in Betracht. Bremst der Vordermann stark ohne jeden Grund, kann ihm die (gesamte) Hauptschuld zugewiesen werden.

Haftungsquote mit einem Fußgänger oder Radfahrer als Unfallbeteiligtem

Auch hier kommt es mit Blick auf Verschuldensanteile sehr auf den Einzelfall an, wobei Unfälle mit Fußgängern und Fahrradfahrern nicht als unabwendbares Ereignis gelten. Ein Urteil des OLG Köln aus dem Jahr 1999 kam es zu einer Haftungsquote von 50 zu 50, als ein Radfahrer verbotswidrig auf dem linken Radweg mit einem PKW kollidierte, der eigentlich wartepflichtig war.

Haftungsquote für Unfall beim rückwärts Ausparken

Werfen Sie einen Blick in die genannten Tabellen, wenn Sie sich einen Überblick über mögliche Konstellationen verschaffen wollen. Das OLG Karlsruhe ist zu einer Haftungsquote von 50 zu 50 für einen Unfall gekommen, bei dem ein Rückwärtsfahrender mit einem wartepflichtigen PKW kollidiert ist, der aus einer Querstraße gekommen ist. Auch die eigentliche Vorfahrt ist keine Garantie für eine Haftungsquote von 100 zu 0.

Haftungsquote bei Park­platzunfall: Die Straßen­verkehrs­ordnung gilt nur bedingt

Wie einleitend geschildert, ist auf dem Parkplatz mit Blick auf Vorfahrtsregeln Vorsicht geboten. Das rücksichtlose Durchsetzen einer vermeintlichen Vorfahrt wird mit hoher Sicherheit nicht zu einer Haftungsquote von 100 zu 0 führen (was einer eindeutigen Schuld entspricht). Die festzulegende Quote kann eine Mitschuld zur Folge haben.

Dieses Urteil sollte Geschädigte nicht entmutigen!

Das genannte Urteil bzw. eine bestimme Haftungsquote sollte aus folgenden Gründen auf keinen Fall dazu führen nach einem Unfall auf die Expertise eines Kfz-Gutachters zu verzichten geschweige denn ggf. als Kläger aufzutreten:

  1. Ohne Gutachten lassen sich weder der Schaden exakt beziffern noch belastbare Aussagen zur Klärung der Schuldfrage treffen. Vor Gericht ist ein belastbares Beweismittel mit Blick auf die Haftungsquote notwendig!
  2. Sie können das Thema Haftungsquote (Mithaftung bzw. Verschuldensanteile) mit Ihrem Gutachter nach der Kollision ansprechen und erlangen so transparent Klarheit darüber, welche Kosten Sie ggf. zu tragen hätten.
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Fazit: Das sollten Sie nach einem Unfall im Straßen­verkehr über die Haftungs­quote wissen

  • Die Schuldfrage nach einem Unfall ist nicht immer eindeutig. Jetzt wissen Sie, warum die Beweissicherung und Dokumentation noch am Unfallort zur Wahrung Ihrer Interessen essentiell ist.
  • Ein unabhängiges Schadensgutachten kann vor Gericht die entscheidenden Hinweise zur Klärung der Schuldfrage liefern, um die Haftungsquote zu Ihren Gunsten zu gestalten.
  • Zur Herleitung der Haftungsquote spielen die Verschuldenshaftung und die Betriebshaftung wesentliche Rollen (höhere Gewalt kann im Einzelfall ein entscheidender Faktor sein).
  • Die Hamburger oder Münchener Haftungstabellen vermitteln Ihnen einen Überblick zu den Haftungsquoten für unterschiedliche Unfallszenarien. Für die anzunehmenden Verschuldensanteile sind immer die konkreten Umstände zu würdigen.

Sie hatten einen Unfall?

Dann sind Sie beim Kfz Gutachter und Sachverständigenbüro Raiolo in erfahrenen Händen. Zögern Sie nicht und nehmen Sie via Notfall-Hotline direkt nach dem Unfall Kontakt auf. Das Thema Haftungsquote kommt dann in Bezug auf alle für den Fall relevanten Faktoren zur Sprache.

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Kfz Gutachter und Techniker Meister Gabriel Raiolo
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